Finnland plant Abschaffung klassischer Schulfächer

Finnland plant Abschaffung klassischer Schulfächer

von Katja Krüger -
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Jahrelang war Finnland gleichbedeutend mit einem erfolgreichen Bildungssystem. Nur Staaten wie Singapur und China übertrafen Finnland bei den PISA Studien. Politiker und Bildungsexperten, aus allen Ländern der Welt, reisten nach Finnland in der Hoffnung dieses Erfolgskonzept zu identifizieren um es dann zu kopieren.

All dies macht es besonders bemerkenswert, dass das Land nun die wohl außergewöhnlichste und radikalste Bildungsreform angeht, die je ein Land durchgeführt hat: Die Abschaffung der herkömmlichen Schulfächer zu Gunsten von themenorientiertem Unterricht.

Fachunterricht, also eine Stunde Geschichte am Morgen, eine Stunde Erdkunde am Nachmittag wurde für die Jugendlichen in den städtischen Oberschulen bereits abgeschafft. Er wurde ersetzt durch sogenanntes Phänomen-basiertes Lernen oder auch thematischer Unterricht. Diese radikale Bildungsreform soll die jungen Menschen besser auf die Anforderungen des Arbeitslebens vorbereiten.


Fachübergreifendes, projektorientiertes Lernen in Teams soll nicht nur in Helsinki praktiziert werden sondern im ganzen Land. Natürlich gibt es Einwände von Lehrkräften, die sich ihr ganzes Leben einem einzelnen Fachbereich gewidmet haben. Daher soll ein Co-teaching-Modell bei der Planung von Unterrichtseinheiten helfen. Lehrkräfte werden dabei von Expert_innen verschiedener Fachbereichen unterstützt. Diejenigen Lehrkräfte, die ihren Unterricht zugig gemäß der Reform umstellen können nicht zuletzt mit einem Gehaltszuschuss rechnen.

70% der Lehrkräfte in den Oberschulen der Städte wurden bisher fortgebildet, jedoch ist es nicht einfach sie davon zu überzeugen, den ersten Schritt zu tun. Aber diejenigen, die ihre Methoden schließlich ändern, wollen nicht mehr zurück.

Parallel dazu werden Finnlands Schulen verpflichtet mindestens eine längere Projektphase im Jahr einzuführen, die auch mehrere Wochen dauern kann. Auch der Vorschulsektor ist ein Teil der Reform. Ein innovatives Projekt namens 'Playful Learning Centre' entwickelt im Austausch mit der Computer Spiele Industrie mehr spielerische Lernansätze für die jüngeren Kinder.

Wenn Finnland zeigt, dass es durch seine Entscheidung für Veränderung, weiter im PISA Ranking emporsteigt, wie wird der Rest der Welt reagieren?

(Quelle: http://www.independent.co.uk/news/world/europe/finland-schools-subjects-are-out-and-topics-are-in-as-country-reforms-its-education-system-10123911.html)
(Video zum Thema: Schluss mit Mathe, Bio und Chemie, Finnland plant Abschaffung klassischer Schulfächer, ntv)

Wir im Projekt Lernwerkstatt eXplorarium schauen natürlich auch gespannt auf Finnland. Lernen in Gruppen, gemeinsames Diskutieren und Präsentieren der Ergebnisse, ist in Berlin an vielen Schulen schon Alltag.

Das themenzentrierte, projektorientierte Lernen wird in den Workshopwochen in unseren Lernwerkstätten schon seit vielen Jahren praktiziert. Immer neue Lehrkräfte werden im „entdeckenden Lernen“ fortgebildet, mit dem Ziel den Schüler_innen mehr Raum und Zeit für ihre eigenen Fragen zu geben und sie in ihren Forschungsprojekten zu unterstützen. In den Projektwochen wird immer fachübergreifend gelernt. Je nach Thema, mischen sich Fragestellungen aus verschiedenen Fachbereichen und die Ergebnisse werden immer diskutiert und dokumentiert. Dabei erweitern die Kinder ihren Sprachschatz und sie präsentieren ihre Erkenntnisse und Ergebnisse ihren Mitschüler_innen.

Unserer Erfahrung nach ist ein spielerisches Lernen mit Computerspielen häufig aus dem Zusammenhang gerissen und daher nicht nachhaltig. Bei uns ist der Computer das Werkzeug um Lernprozesse zu dokumentieren,  Ergebnisse zusammenzutragen und andern zu präsentieren.

Wir würden uns natürlich sehr freuen, wenn auch in Deutschland der Übergang zu themenorientiertem Lernen so mutig angegangen werden würde wie in Finnland, um auch hier den 'normalen' Regelunterricht durch entdeckendes, projektorieniertes Lernen zu ersetzen.